OLGA GEORGIEVA
looking for score
07.06. - 14.07.2016
Exhibition View, aus der Serie „you are my only one“, 2016, Tuschezeichnung auf Styropor-kugel, 12 ø & 15 ø cm
OLGA GEORGIEVA erkundet in ihren Arbeiten mit Konsequenz den Ort von dem aus der Blick des Künstlers auf die Welt fällt. Ausgangspunkt war und ist eine Einsicht in die Trennung des beobachtenden Auges von seiner Umwelt. Aus dieser Erfahrung der Trennung und der daraus folgenden Distanz zu den sie umgebenden Menschen resultierte bei der Künstlerin eine Empfindung von Geborgenheit in dieser anonymen Umgebung. Dies zeigte sich erstmals in Arbeiten die in den Jahren 2008 und 2009 entstanden waren. In feingliedrigen Tuschezeichnungen von ineinander verschränkten Frauen, Männern und Kindern erkundete Olga Georgieva die Formen der sie umgebenden Passanten an öffentlichen Orten. Diese Protokolle von Wahrnehmungen ziehen die dargestellten Personen aus dem Strom der Zeit. Durch deren bildliche Fixierung haben wir plötzlich, scheinbar endlos, Zeit diese Gesichter, Körper und Bewegungen abzutasten und zu verfolgen. In Folge begann die Künstlerin diese vereinzelten Personen mit dargestellten Schnüren und roten Sperrbändern in neue Zusammenhänge zu gruppieren. Durch diese Eingriffe mutierten die Abbildungen einer realen Welt zu formalen Strukturen die den Gesetzen der Künstlerin zu gehorchen hatten.
aus der Serie „Looking to score“, 2016, Tuschezeichnung auf Leinwand, 100 x 100 cm
IN DEN NEUEN ARBEITEN, wie dem Zyklus „looking to score“, amalgamiert sie die Logik der gegenständlichen Bilder mit den Regeln des Spieles „ Drei in einer Reihe“. Zusätzlich führt der Titel den Betrachter zu weiteren, auch obszönen, Assoziationen. Diese Arbeiten verweisen auf Bedeutungsfelder die jenseits der Bildgegenstände liegen, diese aber nicht denotieren. Unser konventioneller Begriff von gegenständlicher Darstellung wird durch diese Gestaltungsstrategien irritiert. Der Bildsinn erschließt sich uns nur, wenn wir den gestalterisch - assoziativen Bewegungen der Künstlerin folgen.
aus der Serie „Some space“, 2016, Tusche und Acryl auf Leinwand, 90 x 160 cm
EINE DER REFERENZEN für „out on the other side“ aber auch „„you´re my only one“ ist der Roman Plattform von Michel Houellebecq. Die dort thematisierte Jagd nach Abenteuer und Erotik, die als Garanten für Glück verstanden werden, wird in den beiden Arbeiten in eine Abstraktion übersetzt. In „out on the other side“ sehen wir Leiber dargestellt die in unterschiedlichen Variationen das Liebesspiel ausführen. Diese verlieren aber durch die serielle Anordnung ihre jeweilige Identität und verwandeln sich für den Betrachter in das Muster einer Tapete. Die Wahrnehmung der dargestellten Körper verwandelt sich in die Wahrnehmung einer Oberfläche. In den Kugeln von „“you´re my only one“ vollendet Olga Georgieva diese Bewegung durch eine Konkretisierung. Die Intimität der gezeichneten Körper wird über die absolute Oberfläche einer Kugel ausgebreitet. An diesem Punkt gibt es den ausgezeichneten Blick des Betrachters nicht mehr. Um das Werk betrachten zu können muss er es in die Hand nehmen und bewegen. Diese Empfindung der reinen, glatten Oberfläche ist zugleich die größte Intimität zwischen Betrachter und Werk. Trennung und Nähe zugleich.
copyright : Boris Manner 2016